Wir sprachen diese Woche mit Abteilungsleiter Carsten Seeger über die aktuelle sportliche Situation, die kommenden Herausforderungen und die anstehenden Deutschen Meisterschaften im Para-Tischtennis, die im Mai zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres im Sindelfinger Glaspalast über die Bühne gehen.
Thomas Holzapfel: Die Nachricht, dass die VfL-Frauen ihr Team aus der Regionalliga abmelden, überraschte so einige in der Tischtennisszene. Was waren die Beweggründe?
Carsten Seeger: Da muss ich etwas ausholen. Die vergangenen Jahrzehnte waren in Sindelfingen geprägt von hochklassigem Tischtennissport bei den Frauen. Schon Mitte der 1980er Jahre spielte der VfL mit teilweise dreistelligen Zuschauerzahlen in der Zweiten Bundesliga, danach ging es auch mal wieder runter in die Verbandsspielklassen. Es gibt immer mal Aufs und Abs. Ich erinnere mich noch gut, als wir zu Beginn meiner Amtszeit mit Maria Schuller wieder ein Zugpferd in unseren Reihen hatten, das wieder eine neue Hochphase einleitete. Es war immer unser Ziel, Spielerinnen aus den eigenen Reihen mit weiteren aus der Region zu ergänzen. Auch durch das Engagement unseres langjährigen Trainers Oliver Appelt gelang dies in beeindruckender Weise.
Thomas Holzapfel: Warum also der Schlussstrich?
Carsten Seeger: Unsere Eigengewächse wie Jasmin Lorenz-Kovacs, Melanie Rheinbay (ehemals Strese) und Natalie Bacher sind aus familiären und beruflichen Gründen nicht mehr in der Lage, Woche für Woche in der Halle zu stehen. Der Großteil der Mannschaft kam inzwischen von außerhalb, weshalb zu einem gewissen Teil der Bezug zur Basis verlorenging. Derzeit wächst die Abteilung enorm im Bereich des Breitensports, wir haben über 30 Kids im Jugendtraining. Gleichzeitig sinkt die Identifikation mit den höherklassigen Teams. Nachdem wir mit den jungen Spielerinnen Fatme El Haj Ibrahim und Leonie Müller zwei Abgänge zu verzeichnen hatten, entschieden wir uns nun gegen weitere Bemühungen, das Ganze aufrechtzuerhalten.
Thomas Holzapfel: Gibt es da Parallelen zum Männerbereich?
Carsten Seeger: Durchaus. Hätten wir uns damals nicht für ein Konzept mit der Verpflichtung einer starken Nummer eins entschieden, hätten wir unsere eigenen Talente Sven Stolz, Thomas Barth und Mika Pickan an andere Vereine verloren. Mit Ivan Takac gelang uns 2018 ein richtiger Glücksgriff. Dank ihm gehörten wir eine Zeitlang zu den Topteams im Verband, nicht zuletzt ist da auch eine tiefe Freundschaft entstanden. Inzwischen haben sich die Prioritäten bei den Jungs verlagert, die langanhaltende Euphorie konnte einfach nicht mehr aufrechterhalten werden. Weshalb wir uns nun etwas umorganisieren müssen. Nicht auszuschließen, dass wir in der kommenden Saison in der Landesliga an den Start gehen werden. Wo die Frauen zukünftig spielen werden, kann ich aktuell noch nicht sagen.
Thomas Holzapfel: Der Umbruch geht auch mit ihrer Person einher. Sie haben bereits vor einem Jahr angekündigt, die Abteilungsleitung in jüngere Hände zu geben.
Carsten Seeger: Ja, ich befinde mich quasi auf der Zielgeraden, wobei ich ausdrücklich betone, dass dies nicht als Konsequenz aus der sportlichen Entwicklung zu sehen ist. Nach 35-jähriger Vorstandstätigkeit, davon 21 Jahre als Abteilungsleiter, ist die Zeit einfach reif für einen Wechsel. Die Herausforderungen werden nicht weniger und dem Anspruch, den ich selbst an mich habe, kann ich nicht mehr in jeder Situation gerecht werden. Auch aus beruflichen Gründen. Wir haben bei uns durchaus junge, engagierte Mitglieder, denen ich gerne den Weg in ein Ehrenamt ebnen möchte. Ich bin zuversichtlich, dass wir in der Hauptversammlung im Juni erste Schritte in die richtige Richtung tätigen können. Auch Kassierer Werner Bacher und Damenwartin Bettina Haboic stellen ihre Ämter zur Verfügung.
Thomas Holzapfel: Dann dürfte die Para-Tischtennis DM im Mai ja das letzte Großprojekt unter ihrer Führung sein?
Carsten Seeger: In der Tat, die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Wir haben ja im letzten Jahr bereits viel Erfahrung sammeln können. Bundestrainer Volker Ziegler war es im Paralympischen Jahr wichtig, noch einmal auf Bewährtes zurückzugreifen. Wir werden den organisatorischen Kraftakt auch diesmal hinbekommen, wenngleich wir noch viele weitere Helfer benötigen. Ich denke da nur an die 44 Tische und die zig Umrandungen, die es aufzubauen gilt. Gerne dürfen sich auch Vereine mit Jugendlichen an mich wenden, die als Ballkinder zur Verfügung stehen wollen.
Thomas Holzapfel: Und was machen Sie danach?
Carsten Seeger: Langweilig wird mir sicherlich nicht. Ich stehe der Abteilung natürlich weiterhin gerne in beratender Funktion zur Verfügung und helfe, wenn ich gebraucht werde. Ich könnte mir auch gut vorstellen, zukünftig etwas im Para-Sport zu machen. Auch dem deutschlandweiten Projekt Ping-Pong-Parkinson kann ich viel Gutes abgewinnen. Und nicht zuletzt gibt es auch eine Zeit abseits der Tischtennisplatte. Das Angeln ist eine weitere, große Leidenschaft von mir. Nicht nur wegen der großen Fische, sondern wegen der Möglichkeit des Abschaltens. Das Drumherum ist schließlich stressig genug.